Puppen haben ein neues „Zuhause“

Isolde Weiß schenkte den Heimatfreunden sechs wertvolle, weit über 100 Jahre alte „Schätzchen".

Das Tauberfränkische Landschaftsmuseum ist um sechs „Bewohnerinnen" reicher geworden:
Isolde Weiß aus Tauberbischofsheim schenkte dem Museum wertvolle, weit über 100 Jahre alte Puppen.
Wie aus dem Ei gepellt sitzen die Puppen auf der Bank und scheinen zu überlegen, was sie heute noch so alles unternehmen könnten. Unwillkürlich fragt man sich, wer wohl früher mit ihnen gespielt hat,
welche „Geheimnisse" ihnen vielleicht anvertraut wurden, wo sie während der beiden Weltkriege waren.
Man wird es sicher nie erfahren.

„Ich habe diese Puppen geliebt"
Fest steht nur, wo sie zuletzt „lebten": bei Isolde Weiß in Tauberbischofsheim nämlich. „Ich habe sie geliebt.
Sie saßen bei mir im Esszimmer auf einem alten Schlitten", berichtet sie den FN. 1989, nach der Grenzöffnung,
entdeckte sie die Püppchen bei einem Antiquitätenhändler in Marktheidenfeld.

„Dorthin fuhren mein Mann und ich früher öfters mit dem Fahrrad. Er kaufte sich meistens Gläser, ich eine Puppe.
Manchmal bekam ich auch eine zu Weihnachten oder zum Geburtstag geschenkt. Ich hatte immer eine große Freude
daran." Doch in letzter Zeit dachte die rüstige 80-Jährige immer häufiger darüber nach, was aus den Puppen
einmal werden soll. Wer interessiert sich heute denn noch dafür? Diese Zeiten sind vorbei.
Die Puppen, von denen eine damals noch an die 600 D-Mark kostete, hätte ich verschleudern müssen", erklärt sie.
Und dann fiel ihr Irmgard Michel von den Tauberfränkischen Heimatfreunden ein.

Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende und sie kennen sich schon „ewig". Sie entschloss sich,
die „Schätzchen" dem Verein zu spenden. Irmgard Michel holte die Püppchen zusammen mit der Vorsitzenden
Kerstin Haug-Zademack bei Isolde Weiß ab. Und nach einer „Untersuchung" der Dittigheimer Puppenmacherin
und Expertin Elisabeth Kessler stand fest, dass das Heimatmuseum nun über sechs neue exquisite „Bewohnerinnen"
verfügt. Fünf von ihnen wurden bei den Herstellern Schildkröt, Armand Marseille (beide um 1900),
Simon und Halbig (vor 1912) sowie Kemmer und Reinhard (nach 1912) gefertigt. Bei vieren besteht der Kopf
aus Bisquitporzellan, eine hat sogenannte „Schelmenaugen", die sich von links nach rechts bewegen können.
Bei der sechsten im Bunde ist die Herkunft unbekannt - sie darf aber trotzdem bleiben
und in einem alten Puppenwagen schlafen, ihr Köpfchen ruht auf einem weißen Steckkissen.
Kerstin Haug-Zademack hat die Puppen vor ihrem Einzug ins Museum gesäubert sowie ihre Kleidchen gewaschen
und gebügelt. Eine bekam eine neue Perücke spendiert. Sie schaut auf die neue, anrührende Idylle und sagt:
„Wir sind sehr dankbar über diese großzügige Spende von Isolde Weiß."
Die Spenderin bereut ihre Entscheidung nicht: „Ohne Irmgard Michel wären die Puppen jetzt nicht im Museum.
Nun sitzen sie hier und haben es schön. Das macht mich richtig glücklich."

© Fränkische Nachrichten, Sabine Holroyd, 4.Juli 2023