Soiree

Soiree am Freitag, 11. November, mit dem Referenten Dr. Klaus Bühn
unter dem Titel „Tauberfranken - Biografie einer Landschaft"

Das Leben an der Tauber im Spiegel der Zeit

Eröffnet wurde die alljährlich stattfindende Soiree mit einem Musikvortrag der Flötistinnen S. Werner, L. Bauer
und der Begrüßung durch die Vorsitzende Kerstin Haug-Zademack.
Mit Dr. Klaus Bühn, Geograph und Referent des Abends, blickten die Zuhörer zurück in die Entwicklung der
Kulturlandschaft Tauberfranken von der Jungsteinzeit bis in die Gegenwart. Mit einem Zitat des zeitgenössischen
Autors W. H. Riehl, der im 19. Jahrhundert die landschaftlichen und kulturellen Impressionen bei einer Wanderung
entlang der Tauber (rund 132 Kilometer) beschreibt, mit den noch kahlen Tauberhängen,
der Idylle und Rückständigkeit der Kleinstädte, begann Dr. Bühn seinen Vortrag.
Jungsteinzeitliche Gräberfunde von vor 5000 Jahren mit Grabbeigaben und Spuren von ersten Ansiedlungen,
Sesshaftigkeit, Ackerbau und Domestizierung von Tieren weisen auf den Beginn einer bahnbrechenden
Kultivierung der hiesigen Landschaft hin, die sich nun kontinuierlich fortsetzt. In großen Schritten führt der
Referent durch Bronze-, Eisen- in die Keltenzeit, zu "Oppida", wie Finsterlohr, Wettenburg, erinnert an
keltische Flussnamen wie Tauber, Jagst, Kocher und Main, dem handwerklichen Einfluss auf diese Volksgruppen
von Griechen bis zu den Römern.

Der Einfall der Germanen
Rund 60 vor Christus drängen germanische Stämme von Norden her ein, Alemannen vertreiben die Römer,
die Völkerwanderung bewirkt Durchmischung u. Einflüsse, bis schließlich mit Clodwigs Landnahme die
Franken an Tauber und Main siedeln. Die Berufung angelsächsischer Missionare und Karl Martells Schenkung
des Bischofsheimer Gebietes an Bonifatius bringt klösterliches Leben, leitet so eine erste kulturelle und
wirtschaftliche Blütezeit ein durch Lehre, Weitergabe von Schrifttum, Wissenschaft, Handwerk und
vorbildlichen Landbau.
Kaiser Karls des Großen Erlass der Landgüterverordnung, Pflicht zur Dreifelderwirtschaft
(Zelgen: Sommer-, Winter-, Brachfeld), so Dr. Klaus Bühn, verbesserte wesentlich die Versorgung der Bevölkerung;
blieb 1000 Jahre gültig.
Gaugrafen, dem König verantwortlich, verwalten die Gaue ( Taubergau , Gollachgau . . .).
Bergfriede zeigen die Regional- und Territorialmacht an, das Feudal- und Ständewesen bürdet den Untertanen
schwere Lasten und Regeln auf.
Dr. Bühn zählte neun Städte im kurmainzischen Gebiet auf, meist Ackerbürgerstädte,
wie Tauberbischofsheim, die durch den Neustädtebund 200 Jahre Privilegien genießen in Verwaltung,
Gerichtsbarkeit und Handel, bis durch Teilnahme am Bauernkrieg die Rechte durch den Kurfürst von Mainz,
Albrecht von Brandenburg genommen werden.
Einen wichtigen Wirtschaftsfaktor nannte Dr. Bühn die Weinbauflächen, die damals ein nie mehr gekanntes
Ausmaß im gesamten Taubergebiet und den Nebentälern erreichten, bis eine "Kleine Eiszeit" ab 1600
besonders den Weinbau zunichtemachte. Geblieben sind die "Steinriegel", aus den Hängen verlesene Steine,
als Schutz-und Wärmespeicher der Reben.
Nach Bauernkrieg, Landfehden und dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg mit der letzten größeren
Schlacht 1645 bei Herbsthausen, war Deutschland in bis zu 330 Kleinstaaten und Reichsstädte aufgeteilt
 und erholte sich ohne einheitliche Wirtschaftsform nur langsam.-
Dr. Bühn rückte nun die Zeit Napoleons in den Vordergrund, Säkularisation, Reformen, Bildung des
Großherzogtums Baden, der Königreiche Württemberg und Bayern und so weiter,
danach die bürgerlichen Aufstände und Revolutionen, das Aufkommen der Industrialisierung (Taubertalbahn),
schließlich nachfolgende Kriege, die im Einzelnen nicht mehr erwähnt werden konnten.

Die Nachkriegszeit
Nun ein Sprung in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg:
1952 kommt Baden zu Württemberg, der Verwaltungsaufbau in Kreis und Kommunen,
Erschließung von Wohnbau- und Industriegebieten der Städte und Gemeinden erfolgt,
bis zu den vollzogenen Eingemeindungen 1972/73.
Dr. Bühn erwähnte die wirtschaftlichen Veränderung durch den Abzug der Bundeswehr aus dem Kreis.-
Offene Märkte, billige Agrarprodukte über die EU und Konsumänderung bringen der Landwirtschaft Probleme
("Bauernsterben"), zu groß aber die 60 prozentige Bodennutzung im Kreis, nur 29 Prozent Waldfläche im
Vergleich zu Baden-Württemberg mit druchschnittlich 38 Prozent Wald.
Industriecluster branchenähnlicher Betriebe entstehen, teilweise unsensibel wie manche Flächennutzungspläne,
beklagte der Referent weiter den folgenden Leerstand. Änderung der Produktion, Weitsicht,
Erkennen von Marktlücken und neuen Märkten, Umstellen auf zukünftige Konsumgüter können Betriebe erhalten.
Dr. Bühn nannte erfolgreiche Beispiele von Unternehmen im Kreis, von Innovationen im Weinbau ("Tauberschwarz"),
Ideen für gelenkten Tourismus, Weinfeste und die "Romantische Straße".
Bei aller Veränderung verfalle er, so Dr. Bühn, immer noch dem verbliebenen Charme des Tales,
"welches die Seele in heiterem Gleichgewicht hält", einer Landschaft mit seiner unverwechselbaren Biographie.

Mit einem Musikstück von Mozart endet die Soiree. Dankende Worte richtet Kerstin Haug-Zademack an Dr.
Klaus Bühn, das Publikum mit seiner Wissensfülle beschenkt habe und mit begeistertem Beifall und einem
Wein- und Buchpräsent verabschiedet wurde.
imic, © Fränkische Nachrichten, Donnerstag, 17.11.2016