Soiree stand ganz im Zeichen der Kulturgeschichte

Vortrag von Dr. Benno Lehmann und Buchvorstellungen von Werner Krug und Hugo Pahl bei der Soirée

Darstellung von Wald und Bäumen in der Malerei
Angekündigt war ein Vortrag des Kunsthistorikers Dr. Benno Lehmann mit dem etwas umständlichen Titel
„Die Darstellung von Wald und Bäumen in der Malerei des 19. bis 21. Jahrhunderts". Geboten wurde
ein eineinhalbstündiger, enorm informativer und zugleich fesselnder, höchst unterhaltsamer Streifzug
durch rund 200 Jahre europäischer Kunstgeschichte von einem ausgewiesenen Kenner seines Faches,
der sich schon vor zwei Jahren einmal mit einem kunsthistorischen Vortrag bei den Heimatfreunden
die Ehre gegeben hatte.

Der Mannheimer, Spezialist für die Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts, hatte sich für dieses Mal ein weites Feld
vorgenommen: Nichts weniger als eine veritable Tour de force durch 200 Jahre europäischer Malerei, kommentiert
anhand von nahezu 40 Bild-Projektionen, angefangen mit der Epoche der Romantik über Realismus, Impressionismus,
Expressionismus, Surrealismus, den verschiedenen Formen der Abstraktion bis hin zu den ganz unterschiedlichen
und eigentlich nicht mehr klassifizierbaren Ausprägungen der zeitgenössischen Moderne. Letztere wurde
- im Verhältnis zu den vorausgehenden Stilen - vielleicht ein wenig zu knapp behandelt, was allerdings auch sachliche
Gründe hatte: Naturdarstellungen spielen nun einmal in der zeitgenössischen Malerei generell nur noch eine
nebensächliche und nachgeordnete Rolle, sie sind für sich betrachtet für die meisten Künstler kaum noch ein Stoff
zur Auseinandersetzung. Ausnahmen, die es immer gibt, bestätigen die Regel.

Um so ausführlicher beschäftigte sich Dr. Lehmann mit der traditionellen Landschaftsmalerei der deutschen Romantik
mit ihrer Überhöhung des „deutschen Waldes" als einem Ort der Sehnsucht und „Läuterung" und einem Ort
der Zuflucht vor der früh als Gefahr drohend empfundenen Industrialisierung und Verstädterung.

Dabei widmete der Kunsthistoriker besonders auch einigen noch in der romantischen Tradition stehenden
Kleinmeistern, beispielsweise den „Odenwaldmalern" Ferdinand Barth (1902 bis 1979) oder Johannes Lippmann
(1856 bis 1935) und einigen ihrer Kollegen ausführliche Besprechungen, aus denen deutlich wurde, wie zäh und
erfolgreich sich die traditionellen Malweisen bis Mitte des 20. Jahrhunderts abseits der modernen Strömungen
behauptet haben, wobei natürlich der konservative Publikumsgeschmack eine wichtige Rolle spielte.

Sehr anschaulich verdeutlichte Lehmann daran anschließend die gleitenden Übergänge in Form und Sehweise hin zum Impressionismus, der von Frankreich ausgehend Ende des 19. Jahrhunderts schließlich auch in Deutschland Fuß fasste. Die führenden Malervereinigungen des deutschen Expressionismus, „die Brücke" und „der Blaue Reiter" mit ihren Protagonist(inn)en wurden in ihrer Naturauffassung eingehend behandelt, dazu die Surrealisten und die Maler
der „Neuen Sachlichkeit", bis sich mit Beispielen von Adolf Erbslöh (1881 bis 1947) und dem international
renommierten Anselm Kiefer (geboren 1945) der Bogen bis in die jüngere Vergangenheit beziehungsweise
Gegenwart spannte.

Was den Vortrag von Dr. Benno Lehmann von einer akademischen Vorlesung wohltuend abhob, war seine Fähigkeit
und Neigung, immer mal wieder vom selbst gesetzten Thema abzuschweifen und einfach Geschichten aus dem Leben
der prominenten Künstler zu erzählen, die er hier Revue passieren ließ. Anekdoten, kurze Charakterisierungen und
biografische Randnotizen, vorgetragen aus der Fülle seiner Kenntnisse, in entspanntem Plauderton und gleichsam
getragen vom eigenen Temperament.

Besonders einige Persönlichkeiten der „Brücke" und des „Blauen Reiter" von Kirchner bis Kandinsky wurden dadurch menschlich fassbar und gerade in ihren Schwächen und Schicksalsschlägen nahbar. So vergingen diese eineinhalb Bildungs-Stunden wie im Fluge.

Blick auf das Leben in Dittigheim im letzten Jahrhundert
Daran anschließend blieb für den Tauberbischofsheimer Künstler und Buchautor Werner Krug noch Zeit, um die
zweite erweiterte Auflage seines im vergangenen Jahr erschienenen Buches „Gute-Leute-Geschichten" mit dem
Untertitel „Nachbarschafts- und andere Geschichten aus meiner Kindheit auf dem Land" kurz vorzustellen.
In drei Abschnitten schildert der 1947 geborene Werner Krug darin den eigenen familiären Hintergrund im Ortsteil
Dittigheim, Kindheits- und Jugenderlebnisse und dazu den dörflichen Alltag und die (für die jüngere Generation
heute kaum mehr vorstellbaren) Lebensverhältnisse im damals noch selbständigen Dittigheim in den 50er und
frühen 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, Verhältnisse, die durchaus als repräsentativ für viele andere
Bauerngemeinden im Taubertal und den angrenzenden Regionen gelten können.

In einfachen und eindringlichen Worten erfährt der Leser, wie fünf bis zehn Jahre nach dem letzten Weltkrieg sich das damalige Leben im festen Rhythmus der Tages- und Jahreszeiten - ohne Smartphone und Laptop, sogar ohne Auto und Fernsehgerät - abspielte. Einen wichtigen Abschnitt des Buches nehmen die liebevoll gezeichneten Porträts von
bekannten Dittigheimer Mitbürgern ein, deren Persönlichkeit dem Autor der Erinnerung würdig erschien.

Mit seinen „Gute Leute Geschichten" will Werner Krug nach eigener Aussage eine heute vergangene und weitgehend verschwundene Welt vor dem endgültigen Vergessen bewahren - besonders für die nachfolgenden Generationen.

Krug dankte abschließend allen, die zur Fertigstellung des Buches beigetragen hatten, namentlich Burkard Gassenbauer, der den Text lektorierte auch und für das Layout verantwortlich zeichnet.

Gedichte und Geschichten in Mundart von Hugo Pahl
Last but not least konnte die Vorsitzende der Heimatfreunde Kerstin Haug-Zademack bei dieser Soiree noch eine weitere „Neuerscheinung" im Bereich der tauberfränkischen Heimatliteratur vorstellen.
Es handelt sich allerdings um kein neues Buch, sondern um den vom Verein herausgegebenen Nachdruck des 1955 erschienenen Büchleins „Bischemer Bösi Buwe" des Tauberbischofsheimer Ehrenbürgers Hugo Pahl (1912 bis 2005). Hugo Pahl zeichnet darin in einer bunten Auswahl von Mundart-„Geschichtli" und „Gedichtli", mit eigenen
Holzschnitten illustriert, ein farbig-urwüchsiges Bild des alten Tauberbischofsheim mit seinem bodenständigen Dialekt
und seinen vielen „Originalen".

Die Heimatverein-Vorsitzende Kerstin Haug-Zademack dankte in diesem Zusammenhang Professor Dr. Wolfgang Pahl,
dem Sohn von Hugo Pahl, für die Druckerlaubnis und Burkard Gassenbauer für seine ehrenamtliche Mitarbeit.

© Fränkische Nachrichten, 30.11.2024