Mundartabend in Königheim

Vergnüglicher Streifzug durch die Dialekt-Landschaft - Beim Heimatverein „Brehmbachtal" in Königheim
hatten die Teilnehmenden den fränkischen Sprachraum im Norden Baden-Württembergs im Blick.


Zu einem vergnüglichen Streifzug durch den fränkischen Sprachraum im Norden Baden-Württembergs wurde
der Mundartabend, den der Heimatverein „Brehmbachtal" in Königheim veranstaltete. In unterhaltsamen Texten
gaben Sprecher aus mehreren Heimatvereinen, die in 2023 an der Gestaltung eines überregionalen Mundartweges
beteiligt waren, lebendige Einblick in die in der Region gesprochenen Dialekte. Liedvorträge und ein informativer
sprachwissenschaftlicher Kurzvortrag bereicherten das Programm.

Deutliche Unterschiede
Im Königheimer Pfarrsaal, der schier aus allen Nähten platzte, erinnerte der Vorsitzende des gastgebenden Heimatvereins, Lothar Achstetter, an die Entstehung des überregionalen Mundartwegs, der seit dem vergangenen
Jahr von Neckarelz über den Odenwald bis nach Miltenberg bzw. nach Großrinderfeld führt. Auf Info-Tafeln an inzwischen mehr als zwei Dutzend Stationen bringen kleine Geschichten, die auch per QR-Code abrufbar sind, Radfahrern und Wanderern den lokalen Dialekt näher.
Oftmals ergeben sich in der Region auf nur wenigen Kilometern Entfernung voneinander deutliche Unterschiede
in der Mundart. Wenn zum Beispiel in Königheim „Nääwl" (Nebel) herrscht, heißt es in Großrinderfeld „Naabel";
wenn sich der Kennemer „Dörrflaach" schmecken lässt, ist es in Mudau „Derrfleesch".
Einblick in die Vielfalt und den Facettenreichtum der fränkischen Mundart im Norden Baden-Württembergs gaben
auch die Sprecher aus Königheim, Schweinberg, Tauberbischofsheim und Großrinderfeld mit unterhaltsamen
und humorvollen Texten, und auch Moderator Hans Slama aus Mudau, Motor des Mundartwegs, trug mit Anekdoten
im Odenwälder Dialekt zur bunten Mundart-Mischung bei.

Auf lebendige Weise
Die Großrinderfelder Sprache brachte Helga Koch den Zuhörern auf lebendige Weise bei der Beschreibung von
fastnachtlichem Brauchtum näher, das dort „gaare" (gerne) gepflegt wird. Wie im Vortrag deutlich wurde, spricht
man in Großrinderfeld, wo die „Döggeli" (Plätzchen) „in Blaachdose uffghãwe" werden, ein ausgeprägtes
Unterfränkisch, welches sich deutlich von den anderen Dialekten im „Ländle" abhebt.
Im kaum 15 Kilometer westlich gelegenen Königheim werden „gaare" zu „gääre" und „Gaald" zu „Gääld".
Aus dem Kennemer Wortschatz schöpfte Peter Lindtner mit einer von Alfred Kappler (†) vor Jahren verfassten
amüsanten Mundart-Geschichte aus dem Dorfleben.

Manches unterscheidet sich
Der Schweinberger Dialekt gleicht in weiten Teilen dem Königheimer, aber manches unterscheidet sich doch,
hörte das Publikum beim digital eingespielten Vortrag aus dem Nachbardorf, in dem humorvoll der Frage
nachgegangen wurde:
„Wuu leit Schwoameri?" Die Standortbestimmung der von Berthold Weidinger (Sprecher) und Gerhard Geiger (Text)
jedenfalls brachte die Erkenntnis, dass es gleich jenseits der Schwoamer Höh‘, im Brehmbachtal, „en gudde Trunk
geit."
Im Tauberbischofsheimer Dialekt berichtete Irmgard Wernher-Lippert, die in „Büscheme" als Stadtführerin aktiv ist,
von einer Eheschließung, die zur Folge hatte, dass der Königheimer Ehemann wegen des Heimwehs seiner Ehefrau
in deren Heimat Tauberbischofsheim mühsam einen neuen landwirtschaftlichen Betrieb aufbaute. Das „Hausch"
(mit Endung „sch") in Kennche wurde verkauft und dafür in Tauberbischofsheim ein „Haus" („s" wie Schriftsprache)
erworben.

Mehrere Liedvorträge
Mehrere Liedvorträge bereicherten das abwechslungsreiche Programm: Das singende Ehepaar Burkhard
und Hedwig Eckert aus dem im bayrischen Unterfranken liegenden Richelbach erfreute mit einer Hommage
ans Heimatdorf und mit einem Lied, in dem Nachbargemeinden in Mundart aufgelistet werden.
Erkenntnis: Kein Navi würde die so benamten Orte finden. Viel Beifall für seine Vorträge zu Gitarrenbegleitung
erhielt auch Roland Scherer aus Pülfringen, eigenem Bekunden zufolge „kein Liedermacher,
sondern Lieder-Veränderer". Es sei ganz gewiss ein Glückstag gewesen, als „Bülfri" entstanden sei,
aber es sei ebenfalls „ganz g‘wiesch, dass es a in Kennche schö is", sang er zu Beginn des Abends
und in einem zweiten Vortrag begeisterte er mit einem Mundart-Song, bei dem eine der zahlreichen Königheimer
Brücken Pate stand. Zwischendurch gab es einen wissenschaftlichen Programmpunkt:
Die Sprachforscherin Dr. Isabell Arnstein (Buchen), die das Projekt Mundartweg fachlich begleitet hat,
informierte in einem Kurzvortrag in Wort und Bild über den fränkischen Sprachraum und zeigte anhand von
Beispielen auf, dass es in dieser Sprachregion, die stärker als andere von Ortsmundarten geprägt sei,
teils große Unterschiede bei vielen Begriffen gibt:
Im Raum Tauberbischofsheim heißt es „braat" für „breit", im benachbarten Neckar-Odenwald-Kreis dagegen „breet".
Und was zwischen Taubertal und Mosbach als „Klumbe" (Quark) bezeichnet wird, wird in anderen Gegenden
„Matte", „Bibbeleskäs" oder „Weißer Käs" genannt.

Überraschungsvortrag
Der vom Verein angekündigte Überraschungsvortrag entpuppte sich als Premiere: Die vor Jahrzehnten in einem
Merian-Heft abgedruckte und bei der 900-Jahr-Feier 1999 im Rahmen eines Schattenspiels auf Hochdeutsch
aufgeführte schaurig-schöne Moritat vom Mord in der unteren Mühle in Königheim - 1820 wurde dort der Müller
von der Ehefrau, deren Geliebten und einer Magd umgebracht - wurde erstmals in Mundart vorgetragen,
illustriert per Power-Point-Präsentation mit Scherenschnitt-Bildern und Grafiken. Peter Lindtner brachte
das von schwarzem Humor geprägte Gedicht in perfekter Mundart und vergnüglich zu Gehör. Für die Transkription
vom Original in Dialektform und die Bebilderung hatte Burkard Gassenbauer gesorgt.

© Fränkische Nachrichten, bg, 26.1.2024


Die Mitwirkenden beim Mundartabend (von rechts): Roland Scherer (Pülfringen), Peter Lindtner (Königheim),
Hedwig Eckert, die eine Hälfte des singenden Ehepaars Eckert (Richelbach), die Sprachwissenschaftlerin
Dr. Isabell Arnstein, Irmgard Wernher-Lippert (Tauberbischofsheim), Moderator Hans Slama
und Heimatvereinsvorsitzender Lothar Achstetter.
Auf dem Bild fehlen Helga Koch (Großrinderfeld) und Burkhard Eckert (Richelbach).