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Die bäuerlichen Rechte wurden immer mehr beschnitten
„Wes sollen wir dan thun?", fragte Irmgard Wernher-Lippert mit dem damaligen Bischofsheimer Bürgermeister
Andreas Aichhorn. In ihrem quellen- und faktengesättigten Vortrag ging die neue Vorsitzende der Tauberfränkischen
Heimatfreunde zunächst auf die Vorbedingungen der Erhebung ein. Die in Süddeutschland übliche Realteilung und die zunehmende Beschneidung angestammter bäuerlicher Rechte waren ihren Angaben zufolge dafür verantwortlich, dass aus ursprünglich freien Bauern zunehmend verarmte halbfreie Bauern und unfreie Leibeigene wurden.
Kaiser Maximilian mit seiner Reichsreform, Martin Luther und Kaiser Karl V. als Gegenspieler während der Reformation sowie Albrecht von Brandenburg, als Erzbischof von Mainz zugleich Landesherr der Bischofsheimer - das waren die Protagonisten auf höchster Ebene. Und ihre Maßnahmen und Reaktionen hatten Auswirkungen auf die Stadt an der Tauber.
Irmgard Wernher-Lippert zeichnete die einzelnen Stationen der Erhebung nach, ausgehend von der ländlichen Rebellion in der Landgrafschaft Stühlingen im Spätsommer 1524. Ausführlich widmete sie sich den sogenannten Zwölf Artikeln des Bauernparlaments in Memmingen. Zusammen mit der Memminger Bundesordnung stellten sie,
so Wernher-Lippert, richtungsweisende Dokumente dar. „Die Zwölf Artikel gelten als die älteste, vom Volk
formulierte Menschenrechtserklärung", betonte sie.
Im Taubertal begann der Aufstand in Rothenburg. Am 5. April 1525 berichtete der Amtskeller Asmus Grünsfelder,
dass Mergentheim und alle Dörfer der Gegend unruhig und im Aufbruch seien. Einen Tag später schrieben
Bürgermeister und Rat an Statthalter Wilhelm, versicherten die Treue der Stadt und baten um Rat und Hilfe
für das fernere Verhalten.
Das war auch dringend geboten. Am 10. April schickte nämlich der Odenwälder Haufen eine Abordnung
nach Bischofsheim mit der Aufforderung, sich ihnen anzuschließen.
„Owwer wißt, wuu ihr nid kummt, werdde owwer mir kumme!", lautete die unverhohlene Drohung.
Anschaulich in Szene gesetzt wurde sie von einer Schar Eiersheimer „Bauern", die die Schlossdiele stürmten.
Im weiteren Verlauf versuchten die Bischofsheimer sich sowohl den Bauern als auch dem Landesherrn gegenüber
durchzuwinden, um so gegen beide Seiten gesichert zu sein, falls die Zielsetzung der Aufständischen
nicht gelingen sollte.
Die Loyalität gegenüber dem Landesherrn bröckelte
Lange ging das nicht gut. Der Mergentheimer Tauberhaufen unter der Führung des Ritters Florian Geyer stellte
Bischofsheim vor die Entscheidung: „entweder gewaltsame Eroberung der Stadt, falls sie dem Erzbischof
treu bliebe, oder aber Schonung, wenn sie freiwilligen Anschluss an die Bauern suchte."
Noch in der Nacht vom 13. auf den 14. April flohen Amtmann, Keller sowie Zentgraf samt Hofgesinde
und Amtsknechten aus der Stadt. Am Tag nach der Flucht kam es zu Verhandlungen zwischen den Bauern
und Vertretern der Stadt. Zwar verweigerten die Bischofsheimer die Herausgabe der Geschütze, sicherten aber zu,
sich jeglicher feindlicher Äußerung gegen die Bauern zu enthalten. „Mit diesem Zugeständnis war die erste Bresche
in die Loyalität der Stadt dem Landesherrn gegenüber geschlagen", so Irmgard Wernher-Lippert.
Weitere Schritte folgten. In Mergentheim kam es zur Verbrüderung mit dem Fränkischen Haufen. In der darin
enthaltenen Verpflichtung, einen eigenen Haufen zu bilden, sah Irmgard Wernher-Lippert den Beweis dafür,
dass Bischofsheim eine aktiv führende Rolle im weiteren Geschehen des Bauernaufstandes übernahm.
Öffentliche Abstimmung machte Abfall offiziell
Eine öffentliche Abstimmung machte den Abfall offiziell. Der Stadtrat rief die Bürger auf, sich auf dem Markplatz
zu versammeln. Wer bei Statthalter und Erzstift verharren wollte, sollte auf dem Platz stehen bleiben,
wer für das Ergebnis der Verhandlungen von Mergentheim wäre, sollte zur Seite treten. „Da tratten sie alle
eynhelliglichen uff die seitten", zitierte Wernher-Lippert aus dem Bericht des Bürgermeisters Aichhorn.
Die Abstimmung brachte der Stadt freilich kein Glück. Weder gelang es, einen Sonderhaufen auf die Beine
zu stellen, noch konnte die Grafschaft Wertheim für die Sache der Bauern gewonnen werden. Die fehlgeschlagene
Belagerung der Festung Würzburg und die vernichtende Niederlage der Bauern in der Schlacht am Turmberg
bei Königshofen setzten dem Aufstand ein jähes Ende.
Tauberbischofsheim versank in der Bedeutungslosigkeit
Irmgard Wernher-Lipperts Resümee war ernüchternd: „Obwohl Bürgermeister und Rat in kluger und maßvoller
Weise Anordnungen getroffen hatten, ein vollständiges Chaos zu unterbinden, wurde die Stadt für ihre Teilnahme
am Bauernaufstand hart abgestraft." Bischofsheim verlor alle Privilegien, Gnaden und Freiheiten. Alle Flüchtigen
aus der Stadt sollten angezeigt, die Heimkehrer verhaftet werden. Die Stadt musste sich verpflichten, alle bisherigen
Abgaben, Zölle und Dienste zu leisten, die beschädigten Güter mussten zurückerstattet werden, allen Geschädigten
musste Schadenersatz geleistet werden.
Auch die an die Rückkehr des Landesherrn geknüpften Hoffnungen zerschlugen sich. Erzbischof Albrecht verfügte
eine neue Landsteuer. Das Mainzer Oberstift wurde fast zum Stand eines Regierungsbezirks degradiert. Durch die
Aufhebung des „Neun-Städte-Bundes" büßte die Landschaft alle bisher erworbenen und erkämpften ständischen
Rechte ein. In der Folge versank Tauberbischofsheim bis Anfang des 19. Jahrhunderts wirtschaftlich und politisch
weitestgehend in der Bedeutungslosigkeit.
© Fränkische Nachrichten, Ulrich Feuerstein, 19.4.2025