Soiree

Mit der alljährlich stattfindenden Soiree im Kurmainzischen Schloss
am 17. November klang das Museumsjahr der Tauberfränkischen Heimatfreunde aus.
Neben der Würdigung des vor 100 Jahren verstorbenen bedeutenden
Tauberbischofsheimer Mundartdichters Josef Dürr durch Roland Veith
referierte Dr. Jörg Hucklenbroich über das Thema "Reformation und Kunst".


Nach einer musikalischen Einstimmung von Daniel Pankev auf dem Klavier konnte die Vorsitzende,
Kerstin Haug-Zademack, zahlreiche Mitglieder und Gäste zu einem besonderen Abend
mit gleich zwei Programmpunkten begrüßen.

Am Beginn stand die Würdigung des vor 100 Jahren verstorbenen bedeutenden Tauberbischofsheimer
Mundartdichters Josef Dürr durch Roland Veith. Roland Veith, bekannt als Verfasser heimatkundlicher Schriftbände
und Ortschroniken, beschrieb den Lebensweg des 1877 geborenen Tauberbischofsheimers Josef Dürr.
Nach einem Theologie-und Philologiestudium war Josef Dürr als Lehrer tätig, bis er 1917 im ersten Weltkrieg
als Soldat mit 40 Jahren starb. Seine Heimatliebe zur Lebens-und Wesensart der Menschen und der Natur, zu seinem Tauberbischofsheim und dem Taubertal brachte er in vielen Mundart-Gedichten und Zeichnungen zum Ausdruck.
Roland Veith gelang es, auch als geborener Laudaer, einige ausgewählte Gedichte aus dem mehrfach verlegten Band
"Schleh´ un Hasselnüss" in gekonnter Mundart vorzutragen und zu erklären.
Es sind Begebenheiten, Eigentümlichkeiten, auch Kauzigkeiten des "Bischemer" Bauern- und Kleinbürgertums
mit all den Mühen, Freuden und Feiern der damaligen Zeit. Mit dem Gedicht "Am Winterabend"
("Om Winderobend") beendete Roland Veith unter dem begeistertem Beifall der Zuhörer die stimmungsvolle
Erinnerungs-und Gedenkstunde an Josef Dürr, nach dem in Tauberbischofsheim auch eine Straße benannt ist.

Die Veranstaltung wurde fortgesetzt mit dem Hauptredner des Abends, Dr. Jörg Hucklenbroich, ehemaliger Leiter
des Historischen Archivs des Südwestfunks bis 2013, mit dem Thema "Reformation und Kunst".

Dr. Jörg Hucklenbroich stellte in seinem Vortrag den Aufbruch in die Neuzeit, die Renaissance, humanistisches
Gedankengut und neues Kunstverständnis, die Entdeckungen, Erforschungen, besonders die Erfindung des
Buchdrucks in den Vordergrund und damit die Möglichkeit, Luthers Gedankengut mit dem Thesenanschlag,
dem Angriff auf Papst und Kirche, ein neues Bibelverständnis unter das Volk zu tragen. Für Luthers Popularität
sorgte besonders der bekannte Maler des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen, Lucas Cranach der Ältere.
Beide waren dem kritischen Mönch sehr zugetan. Mit Cranach sympathisierten u.a. auch Matthias Grünewald,
Albrecht Dürer mit seinem Abendmahl-Holzschnitt von 1523, Jörg Ratgeb, der dafür mit dem Leben bezahlte.

Dr. Hucklenbroich beschrieb in einem frühen Kupferstich-Porträt Luther als Asket mit Tonsur, in Mönchkutte,
als Denker und Sucher, noch angreifbar. Der Referent erinnerte an Luthers Thesenanschlag, Veröffentlichung
der vier Programmschriften, an den Bann von Papst Leo X.
Noch vor dem Wormser Edikt und der Verhängung der Reichsacht fand Luther Schutz auf der Wartburg
als "Junker Jörg". 1521 fertigte Cranach von Luther einen Holzschnitt. Er hatte seine Kutte in ein Wams eingetauscht,
ein Bart versteckt sein Gesicht. So kam er unerkannt nach Wittenberg, um Karlstadts Bildersturm und Zerstörung
von Kirchenschmuck Einhalt zu gebieten.
Hucklenbroich erwähnte die bilderarme Zeit nach1520. Cranachs Verdienst sei es, dass seine Porträts von fast allen
Reformatoren, damals wie heute, überall bekannt wurden. Seine Öffentlichkeitsarbeit, der Papst als Esel,
ein Mönch mit Kalbskopf, "Frauen vertreiben Geistliche" und ähnliche Holzschnitte, das sogenannte "Septembertestament von 1522, hergestellt in der "Lukas-Werkstatt" als Flugschriften, deckten in polemischen
Botschaften Missstände und Unterdrückung auf, so der Referent.
1528 malte Cranach der Ältere Luther mit Barrett und Buch als Lehrer. Auf dem Reformationsaltar in der
Stadtpfarrkirche zu Wittenberg, so erklärte Dr. Hucklenbroich, vermittelt der Maler ebenfalls Luthers neue Lehre:
Auf der Predella dargestellt ist Luther. Von der Kanzel, die Hand auf der Schrift, verkündet er die Heilsbotschaft
seinen Anhängern, seinen Freunden, seiner Familie. In der Mitte stellt Cranach den Gekreuzigten Jesus Christus dar,
allein als Quelle des Heils. Auf einem weiteren Lehrbild steht das Alte Testament, Paradies, Vertreibung,
Gesetzestafeln, der kahle Baum, dem Neuen Testament gegenüber; mit Christi Kreuzigung und Auferstehung,
im Reich der Liebe und Gnade wächst der belaubte Baum, deutete der Referent die einzelnen Motive.

Begleitet von dem Maler bis zu seinem Tode, stellen Cranachs Portraits auch den alternden, müden Luther
und schließlich auch den Verstorbenen dar. Auf dem Gemälde auf Eichenholz trägt Luther ein gefälteltes, weißes
Totenhemd. Luthers Gesichtszüge wirken ruhig, fast sanft, im Frieden mit Gott, so Dr. Hucklenbroich.
Nichts ist zu erkennen von einem qualvollen Tod, wie von seinen Gegnern gewünscht.
In dem "Dessauer Abendmahl" von 1565 gedenkt Lukas Cranachs Sohn noch einmal der Reformatoren.
Nachfolgend erfährt Luthers Gedankengut im calvinistischen Holland in der Kunst des 17. Jahrhunderts,
z.B. in Rembrandts "Die Heimkehr des verlorenen Sohnes", eine Weiterführung.

Mit einem Instrumentalstück aus "Schindlers Liste", vorgetragen von den jungen Musikern,
Michael und Eduard Stolz, endete die Soiree.
Dankende Worte richtet Kerstin Haug-Zademack an Dr. Hucklenbroich, der mit einem Wein- und
Buchpräsent unter reichlichem Beifall der zahlreichen Zuhörer verabschiedet wurde.

 © Irmgard Michel